Auf ihrer Jahrespressekonferenz stellte Geschäftsführerin Martina Taubenberger am 12. Januar, exakt am selben Tag wie letztes Jahr, Programm und Projekte der whiteBOX für 2018 mit sogar einem Ausblick auf 2019 vor. Mit dabei hatte sie den norwegischen Eismusiker Terje Isungset samt Partner Eric Mutel aus der Schweiz, der für ihn Bühnen aus Licht und Gefrorenem baut, Dorothée Höfter vom Fraunhoferinstitut und Augusta Laar vom Schamrock-Festival der Dichterinnen, das die Münchner aus der Pasinger Fabrik kennen.
Das whiteBOX-Jahr begann dann auch gleich noch am selben Tag. Und zwar fulminant. Abends spielte Terje Isungset vor gut eingepackten Zuhörern in der whiteBOX auf seinen „Ice-Struments“ – die Süddeutsche Zeitung titelte im Vorbericht „Eisblock ´n´ Roll“ – und bereits seit dem Nachmittag hatten die Ateliers geöffnet (bis 14.01. jeweils 14-20 Uhr). Die „Winter-Songs“ dieses Abends in der bis auf den letzten Platz besetzten whiteBOX verstanden sich gleichzeitig als Preview des großen Januar-Frost-Open-Air 2019 auf dem Dach des WERK3. Hier wird Bühnendesigner Eric Mutel die Eiszenerie herstellen, die sich bei wechselnden Lichtverhältnissen sehr variantenreich gestalten dürfte. Das dürfte auch den Schafen gefallen. Lästerlicher aber verständlicher Weise wünschte sich Martina Taubenberger einen knackig kalten Januar 2019.
Wie schon letztes Jahr steht die Programmplanung unter mehreren Aspekten. Synergien, Kooperationen und Vernetzungen führen aus dem Ausstellungsraum der whiteBOX hinaus und gerade das Erarbeiten in Residencies im Gastatelier dient dazu über das Werksviertel hinaus zu strahlen. Selbstverständlich finden auch Ausstellungen statt, wenngleich nicht unbedingt solche der klassischen Natur. GRAFITTIMUSEUM:INVENTARIUM, vom 26.01.-25.02. entwickelt eine ganz eigene Art der Graffiti-Lesart. Seit 2001 beschäftigt sich das Graffiti-Museum von Jo Preußler, Aljoscha Begrich und Stefan Reuter mit den ursprünglich aus der Welt der Comic-Fiktion ausgebrochenen Zeichen, die in den schwarzen und puertoricanischen Vierteln New Yorks Anfang der 70er Jahre ihre Spur einer massenhaften Designifizierung im öffentlichen Raum hinterließen.
Wer die Macht über die Codes hat, hat die Macht über das Urbane. So mögen es die ersten „Kool Killer“ empfunden haben, wenn sie die Signaletik der Metropole mit der Inhaltslosigkeit ihrer Tags desorientierten. Vor diesem Hintergrund erscheint die Gründung eines Graffitimuseums wie die Umlenkung der ursprünglinglichen Energie in kommunale Akzeptanz, wie auch die Wertsteigerung der Tags in handwerklich anspruchsvolle Kunst, als die die Graffitis von heute gepriesen werden.
Die Ausstellung ist in zwei Blöcke geteilt. In einem in der whiteBOX begehbaren Büro des Museums werden einerseits „akkreditierte“ Graffitis der Stadt präsentiert, gleichzeitig schickt ein „Außendienstarbeiter“ des Museums täglich neue Graffitis als Graffotos in die whiteBOX. Dort arbeitet ein Entzifferer an der Einlesung. Er katalogisiert, entschlüsselt und ordnet lexikalisch. In einer Diskussion am 4.2. kann man dann in der whiteBOX über den Sinn solcher Exegese mit den Künstlern diskutieren. Die Ergebnisse der „wissenschaftlichen“ Arbeit sind anschließend in Form einer Ausstellung nach dem performativen Teil zu begutachten. Ein mindestens sehr witziger Ansatz einer prozessuralen Ausstellung, deren Inszenierung irgendwie auch an die Arbeiten des Rimini Protokolls erinnert. Die drei Museumsbeauftragten sind als Residenten ab dem 19. Januar im Gastatelier und in der whiteBOX und widmen sich ab da bereits ihrem Forschungsprojekt.
Zum whiteBOX-Schwerpunkt „Mensch und (Stadt-)Raum“, gehört auch die Fortsetzung der Ausstellung „Fleisch und Stein“ vom vergangenen Jahr, die wieder von Cagla Ilk aus Berlin kuratiert werden wird und für April, Mai angesetzt ist. Als Medienausstellung in der Nachfolge von „Everything is a Remix“ und „Selfciety“, kuratiert von Benjamin Jantzen, kommt im Juli „Game Art“ und im Herbst ein „About Guatemala“. Am 16. Juni wird in mehreren Räumen quer durch das WERK3 musiziert und zwar in Form eines dennoch geschlossenen Werks.
Das Vokalensemble „Trondheim Voices“, auch bereits den Gästen der whiteBOX vom letzten Jahr bekannt, und das Münchner Kammerorchester werden bei der Uraufführung von „Leuchtturm“ der Südtirolerin Manuela Kerer in Treppenhäusern, Aufzügen und Fluren des WERK 3 zu hören und zu sehen sein. Hierzu wurde ein Kompostionsauftrag von der whiteBOX vergeben. Die Leitung der in „Klangfarben gerasterten“ Komposition hat Chefdirigent Clemens Schuldt. Regie führt Mirko Hektor, die Szene wird gestaltet von Benjamin Jantzen. Die Klang-Raum-Installation ist in Bewegung durch das Gebäude und endet auf dem Dach des WERK3. Sie findet statt im Rahmen des Faust-Festivals.
Übers ganze Jahr wird im Gastatelier in Residencies das ganze Jahr produziert und geforscht. Im Juni arbeitet Karin Apollonia Müller an „Evolutionary Magic“ zum Thema Ursprung des Lebens. In Kooperation mit der Fraunhofer-Gesellschaft beginnt sie schon vorher am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM), Hannover, im Juni mit ihrem naturwissenschaftlich-künstlerischem Crossoverprojekt. Gezeigt werden die Ergebnisse in der Zentrale der Fraunhofer-Gesellschaft, München am Fraunhofer ITEM und in der whiteBOX.
Die Kölner Künstlerin Lia Saile zieht im August ins WERK3 ein. Mit „Eastern Munich“ entwickelt sie im Öffentlichen Raum eine Arbeit über die drei monotheistischen Buchreligionen, Judentum, Christentum und Islam. Die Abschlussveranstaltung findet in der philosophischen Fakultät der LMU München statt. Den vorläufigen Abschluss der Residencies bildet im September die Vorbereitungsphase vo „About Guatemala“ durch Naufus Ramirez-Figurea. In der Reihe „homegrOWN“ werden weiterhin Atelierkünstler des WERK3 ihre Arbeiten zeigen. Die Reihe ist letztes Jahr im Angedenken an die verstorbene Atelierkünstlerin des WERK 3, Silke Witzsch, begründet worden.
Vom 7.-22. Juli wird aus der Community Kristin Brunner „Halten-Hingeben-Dazwischen. Eine Pietà.“ zeigen. Für Fortsetzungen dieser Reihe haben sich Ugo Dossi und Martin Rosenthal angemeldet. Als Kooperationsprojekte sind noch zu vermelden „Voive over voice“, Uraufführung von Axel Nitz mit SoNet e.V. am 16.03., Street Dance (Street Love Dance Academy) am 24.03., „Gretchen-Salon“, der Dichterinnen des Schamrock e.V., 18.05., sowie das Schamrock-Festival selbst, vom 26.-28.10..