Am Montag, 10. Dezember, stand dem Technikum ein wunderbares Festival ins Haus. Unter dem Motto „Looking Back to the Future“ geben sich auf der Bühne drei meisterliche Vertreter der Country Music die Hand.
Zum zehnten Mal kehrt der legendäre „Banjo-Bus“ des Kult-Festivals „Bluegrass Jamboree“, präsentiert vom Amerika Haus, nach Europa zurück. Banjos, Mandolinen, Geigen, Gitarren und Kontrabässe begleiten klassisch mehrstimmigen Gesang und entfalten jene große musikalische Erzählung, die neben dem Blues die Popmusik nachhaltig weiterhin wesentlich prägt.
The Brother Brothers, die eineiigen Zwillinge Adam und David Moss stehen für Moody Americana, Bill & The Belles für Oldtime Country und Jeff Sroggins & Colorado für ihren Dynamic Bluegrass. Die Familientraditionen der Landbevölkerung von Virgina, Kentucky und Tennessee, von Engländern, Schotten und Iren, vor allem in den Bergen der Appalachen, begleitete seit dem Broadcast der Radio Shows der 30er Jahre zunehmend das ganze Leben der arbeitenden Amerikaner. Mit den 60er und 70er Jahren wurde die häusliche Country Music in der Jugendbewegung politischer, mit Filmen wie „Bonny and Clyde“ und „Deliverance“ („Beim Sterben ist jeder der erste) auch im Westen Amerikas populär. San Francisco und die Bay Area wurden plötzlich ein Mekka dieses Stils, was sich an neuen Country-Stars wie The White Buffalo zeigt, der dort aufwuchs und vor kurzem erst ein begeisterndes Konzert im Technikum gab. Eines ist dieser Musik immer geblieben: ihre solidarische, soziale Grundhaltung.
David Moss mit seinem Bruder aus Brooklyn stammend, sieht das Leben im Schatten der Freiheitsstatue: „I’ve looked upon the Statue of Liberty, and cherished the idea that someone can come to these shores and have the freedom to make a life unspoiled by an oppressive government or strong handed oppressor. But in her shadow I’ve seen money take precedent over the things I find most valuable: community, conversation, art, expression. These are the things that make us American and vibrant, but they are not things that allow us to pay our rent or buy property when faced with people who place more value in economics and finance … value hardly ever begets values.“ In der modernen Folkszene sind die Brüder gefragt. So spielten sie als Support für Bands, die Jazz, Grunge und Indie Rock mischen wie Big Thief, Lake Street Dive oder Shakey Graves. Mit Gitarre, Cello, dem speziellen Drive der Five-String Fiddle und ihrem Zwillingsgesang in Terzen und Quinten werden sie angefragt für Festivals. Im dreistimmigen Oldtime Country von Bill & The Belles, Hausband der Radio Show des „Birthplace of Country Music“-Museums, Virginia, verbinden sich sentimentale Fiddle Tunes, archaische Blues, Gospel und Swing. Das schwarze Element in den Songs verweist auf eine freundliche Haltung der Landbevölkerung in den Appalachen, die sich für die Musik der ehemaligen Sklaven interessierte. Die Appalachen und das blaue Gras von Kentucky sind Paten für die speedigen Uptempo-Songs des Bluegrass-Matadors Jeff Scroggins mit seinen Colorados. Newgrass, Jamgrass und New Acoustic gelten als Stilbegriffe dieser Band. Jeff Scroggins, ursprünglich Rockgitarrist, hat über zehn Jahre wie eine Verrückter Banjo geübt, um seinen Traum von einem Bluegrass-Ensemble zu verwirklichen. Seine Vergangenheit als Rockgitarrist hielt in bemerkenswerter Weise Einzug in seinen Spielweise des Banjo: So nennt man ihn auch den Jimmy Page des Bluegrass. „Looking Back to the Future“.
Das Bluegrass Jamboree spannt einen wunderbaren Bogen der Zeitlosigkeit. In den originalen Klängen und Atmosphären erleben wir rückblickend das Aufkommen späterer Stars der Country Music von Woodie Guthrie über Bob Dylan, bis Johnny Cash und Elvis. Und wir werden berührt von einer Musik, für die eines kein Gegenstand der Nostalgie je war: die Liebe zu den Leuten.