Mit den „Krassomaten“ der Organ Explosion und der Express Brass Band am letzten Wochenende vor Allerheiligen, manchen eher als Regenerationstag nach Halloween bekannt, endete am 23. und 24 Oktober das große Herbstfest des Werksviertels, genannt „Trachtival“. Nahtlos schloss sich ein little Oktoberfest mit Budenzauber und berühmten Fahrgeschäften wie Wilde Maus, nostalgischen wie dem Kettenkarussell und Adrenalin fördernden wie dem HangOver an den „Sommer in der Stadt“ an. Bis zu den letzten Akkorden war der Knödelplatz bei meist gutem Wetter der beliebte Ort für musikalisches Live-Entertainment mit Bands aus München und der Region.
Die „Krassomaten“ spielen auch von ihrer aktuellen CD „La Bomba“
Es wurde gegroovt, gewipped, getanzt – der höfliche Abstand machte es möglich. Dieses letzte Wochenende brachte noch einmal ein Highlight. Nach den CD´s „Organ Explosion“, „Level 2“ und „La Bomba“ im letzten Jahr, sind die Krassomaten Hansi Enzensperger (keys), Manfred Mildenberger (drums) und Ludwig Klöckner (Bass) längst kein Geheimtipp mehr.
Im Mai 2016 war bereits ein mit mir eng verwandter Kritiker von der Level 2-Präsentation im sympathischen Club Cord an der Sonnenstraße, von wo aus derzeit noch Signale auf cord.tv.stream empfangen werden, begeistert – baff, paralysiert. „Zurück in die Zukunft des guten, alten elektronischen Weltraums, als noch Captain Future, Herbie Hancock und Helge Schneider durch Wurmlöcher schossen…“ fängt der Artikel an und versucht worterringend das blubbernde und piepende Multiversum der Atari-Gründerzeit in der funky Krassomaten-Kanzel zu beschreiben.
Fleißig, verspielt und verspult wickelt Supermario zwischen den Tasten die Zuhörer ein und legt sie ab in fremden, dunklen Straßen. Nachzuhören in den analogen Spielzeugspasmen von Stücken wie „Benz“ und „Käsehoch 3“. Sehr charmant und so wunderbar kindisch.
Ein bisschen weg vom Fiepen und Blubbern der Anfänge aus der Atari-Gründerzeit hin zu starken Jazz-Alterationen
Allerdings spätestens mit ihrer aktuellen CD „La Bomba“ haben Hansi Enzensperger, vorwiegend an der Hammond A-100, B3 und am Moog Synth sowie seine zwei Gefährten zwischendrin die Koordinaten geändert und sind nach scharfen funkigen Cuts aus dem piepsenden Hindernisparcour von Supermario heraus gefallen, in einen schwereren Raum dunkler Alterations-Energie voller Grußbotschaften von Meister Hancock.
Das Schiff steckt genüsslich einige Treffer ein, aber die Krassomaten fangen es wunderbar ab: Stücke wie das neue „Suave“ zerlegen sich in drei unabhängige Diagnoseabteilungen für Schadensmeldungen: Keys, Bass und Schlagzeug gründeln jetzt unabhängig voneinander in skalenfremden Untiefen, greifen in weiche Wände einer flexiblen Form.
Manfred Mildenberger hält das Schiff in schlingernden Synkopen zusammen. Die drei entfalten eine wunderbar ausdauernd genussvolle Krise! Die Kurzschlüsse knistern schon, doch kurz vor Entzündung der glimmenden Kabel senkt sich die Rettung herab.
Hansi Enzensperger läßt den Themenfallschirm aus feinster Seide herabgleiten. Bass und Drums werden förmlich hereingesogen. Das Schiff der Krassomaten stabiliseirt sich und zündet Stufe um Stufe, heraus aus der dunklen Energie der Alterationen. Die alte analoge Unordnung des Kosmos ist wiederhergestellt: Es groovt. Und es ist sexy.
Autor: Michael Wüst