In einem der alten Container an der Friedenstraße nahm uns am Sonntag, 6 August, das „IDO Quartet“ des Tirolers Franz Hackl mit zu einer Reise nach New York in die Sphären von Miles Davis, Joe Zawinul und – Herbie Hancock.
Lässig und intensiv, die Musiker, beleuchtet mit zwei cremefarbenen Schreibtischlampen aus den 70er Jahren. Mitgerissen und begeistert, das Publikum auf schrägen Bierbänken. Am Ende einer Gesprächsreihe der Süddeutschen Zeitung mit Münchner Stadtgesprächen spürte man New Yorker Mondänität, vielleicht gerade wegen dieser Lässigkeit. Der Kultur-Container ist zwar nicht sehr schnieke, aber er macht, was er kann, er transportiert.
In diesem Falle unter Anleitung von Ausnahmemusikern, die eigentlich im zukünftigen Konzerthaus eher zu erwarten wären. In diesem Zusammenhang verwundert es dann auch nicht, dass das Zustandekommen dem Kommunikationschef der BR Symphoniker, Peter Meisel, zu verdanken ist, der Hackl von dessen Festival „Outreach Festival & Academy“ in Schwaz her kennt und mit ihm befreundet ist. Franz Hackl, der das erste Mal in München ist, lebt etwa acht Monate im Jahr in New York und die restliche Zeit kümmert er sich zuhause um sein Festival und den Bau der eigenen Trompeten und Flügelhörner, was bereits von seinem Vater begonnen worden war. Er kündigt verschiedene „scheene Stickl“ an, mischt auch gerne.
Auf „Rhythm Changes“ folgt ein Tiroler Volkslied mit dem Titel „Verlassen“. Auch die Geschichte der Familie Trapp interessiert ihn. In einem Fake vom Fake, wie er sagt, spielt die Band ihre Version des Musicals „Sound of Music“. An den Keyboards sitzt Adam Holzman, der mehrere Jahre der musikalische Leiter bei Miles Davis war und der auch mit Wayne Shorter und Chaka Khan gearbeitet hat.
Im Tiroler Volkslied spielt Hackl auf dem Flügelhorn samtweich. Wunderbare Luftrauheit hat die gewisse Körnung im Ton. Da „farfieselt“ noch ein Register bei Adam Holzman ein bisschen, aber Stück für Stück potenziert sich der multiple Fusionsound in Spiralebenen und schillernd vibrierenden Strings, vor allem als der Gitarrist Martin Nitsch, ebenfalls Tiroler, mit Verspätung dazu kommt, sich einplugged und sofort mittendrin ist.
Mit dem Bassisten Clemens Rogner, der für Philipp Moll eingesprungen ist, der gerade bei der Band Hello Truffle spielt, komplettiert sich das IDO Quartett, um dann noch durch einen weiteren Miles Davis-Weltstar an der Perkussion ergänzt zu werden: Mino Cinelu ist auf mehreren Alben von Miles Davis, zum Beispiel auf „Star People“.
Mit gelben Rassel-Überraschungseiern bearbeitet er die Kistentrommel Cajon und entlockt dem einfachen Triangel nie Gehörtes. Alle sind souverän in der Lage, quasi polyphon, eigene Wege in den Stücken zu entwickeln ohne, dass das Stück verloren geht. Sie sind die Teile einer gemeinsamen Mimikry. Der Fächer der einzelnen Stimmen und Riffs öffnet sich, das ganze Stück pumpt, und bevor es seine Form zu verlassen scheint, fällt es in seinen Kern zurück oder schießt in eine schwarze Wolke. Ein akustischer Tintenfisch.
Der rege Augenkontakt belegt, dass viel improvisiert wird, dass man sich sekundengleich dem wechselnden Untergrund anpassen kann. Vollends orgiastisch geraten dann „A Remark You Made“ von Joe Zawinul und „Fat Time“ von Miles Davis. „Scheene Stickl“, wie Franz Hackl sagt.