Das sechste Jugend- und Kinderfestival JuKi hatte am Sonntag, 15. Oktober, wieder traumhaftes Wetterglück. Mehr als 5000 Besucher flanierten hauptsächlich um das orangene WERK3, durch seine Passagen mit Imbissen und Konfektleckereien und erfreuten sich an zahlreichen Events der Kinder- und Jugendkultur auf den regulären Bühnen.
Wieder einmal ist der Mix aus Infoständen von Stiftungen und Vereinen mit Sport, Spiel, Basteln und Show aufgegangen. Besonders in Haidhausen mit seinen vielen jungen Familien und auch in Berg am Laim findet der traditionelle Familientag mit diesem besonderen Flair und dem sozialen Gedanken beste Zustimmung.
Dem Helferteam um Organisator und Herz und Seele des JuKi-Festivals, Martin Schütz, gelingt es Jahr für Jahr unter den ständigen wechselnden baulichen Verhältnissen neben Baugruben und neben Abrissflächen einen Parcour zu entwerfen, der Lebendigkeit im Wandel repräsentiert und der die Besucher auch nach der Zukunft dieses entstehenden neuen Viertels fragen lässt. Was gerade entsteht, interessiert. Hier das Musical-Theater neben dem Technikum, das im Januar eröffnen wird, dort die große Fläche gegenüber der NachtKantine, worauf in etwa vier Jahren das neue Konzerthaus stehen wird. Ein Viertel im Aufbau, urbanes Lebensgefühl wird gelebt und präsentiert.
Der Mix macht´s
Der Mix aus Jugendkultur und Hochkultur, aus Do-it-yourself Werkstätten wie der WerkBox³ , Ateliers, Kunsthalle whiteBOX, bürgerlichen Gaststätten wie dem Riederstein und Hard-Rock-Kellern wie dem Eddys ist es, der es Martin Schütz ermöglicht, namhafte Unterstützer in München zu finden. Das Sozialreferat der Stadt München engagiert sich ebenso wie die AOK, die Stadtsparkasse, die Stiftungen Otto Eckart und Castringius für künstlerische Erziehung, die BayWa und die Organisation von GuteTat.de. Was die Münchner auch spüren, ist, dass dieser Tag für den grundsätzlichen Wechsel des Geländes steht: vom Partygelände, das für Ü-30-Menschen nur zugewiesene eigene Veranstaltungen bereit hielt, sonst aber signalisierte, dass der Rave ein geschlossener Kultvorgang sei, der für Menschen, die irgendwie „Ü“ waren, bedeutete: wir müssen draussen bleiben. Anders hier.
Das Soziale steht beim JuKi-Festival im Vordergrund. Vertreter der Diakonie etwa machen auf sich und ihre Themen wie „Familien mit besonderen Bedarfen“ aufmerksam. Als Eye-Catcher, das Sportspielzeug „Aerotrim“. Ein Herz für Rentner e.V. hat inzwischen ein eigenes Büro neben dem WERK3 an der Atelierstraße und organisiert dort auf dem Knödelplatz einen Flohmarkt für Rentner. Dort stehen auch die Stiftung „Katholische Familien- und Altenpflege“ und der Bundesverband „Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister“. Und auf der Terrasse der Nachtkantine rocken die 70jährigen Munich Flames von „Leroy Brown“ bis „Proud Mary“ das American Songbook. Viele Organisationen beraten zur Gesundheit des Kindes, und das tut von der anderen Seite der Medaille her auch der Condrobs e.V. Der Münchner Flüchtlingsrat ist hier ebenso präsent wie die Landeshauptstadt München mit ihrem bürgerschaftlichen Engagement.
Über 100 Organisationen fordern auf, dass gesellschaftliche Teilhabe nicht heißt konsumieren, sondern mitzuwirken, in Entscheidungsprozesse mit hinein zu gehen. Zwischen all diesen Ständen mit ihren Biergarnituren und ihrem Infomaterial, das sich auch gesellschaftlicher Tristesse annimmt, bewegt sich der bunte Auftrieb eines strahlenden JuKi-Tages, so wie es sich für ein lebendiges Viertel gehört.
Charmant, oft die Einfachheit: Immer wieder macht es Spass, den Jugendlichen bei der Matte des ESV München Ost Ringen zuzusehen. Jungamateure des Vereins zeigen Straßenkids wie es geht. Von den Kickerplätzen und der GoCart Bahn Klingl, für die auch noch Platz ist, gehen wir jetzt durch die Passage mit den Gerüchen Currywurst und gebratenen Nudeln zum Technikum, das sich heute Kinderballett und Zauberei zum Thema gemacht hat. Das Ballettstudio Hdhs lässt hier über die 13 Meter breite Bühne die 10jährigen für einen Tag die Ballerinas der Zukunft sein, mal possierlich klassisch, mal ungarisch-folkloristisch. Piraten! So heißt ein Stück.
Danach hat man sich gerade noch rechtzeitig im Container Collective eingefunden, eigentlich ja das Entrée zum Werksviertel Mitte an der Friedenstraße. Hier geht noch ein bisschen jünger. Die Tanzfrösche von den Mdk Munich Dance Kids „The Puzzles“ zeigen eine weitgehend präzise, selbstbewusste Choreografie, die den Containerplatz in einen Wald hochgereckter Handys verwandelt. Hier lässt es dann auch die achtjährige Alexandra von den Grean Beans krachen. Mit „Happy“ von Pharell Williams, nicht gerade der einfachste Song, würde sie es bei einer Voice Audition weit bringen. Coole Showgesten, gestreckter Arm und Zeigefinger ins Publikum. Respekt! Und sogar ein richtiges großes Konzert gab es.
Die Münchner Symphoniker, Kollegen der später hier fest ansässigen Symphoniker des Bayerischen Rundfunks gaben als Premiere und Auftaktveranstaltung der AWO Kultur Kids mit dem Erzähler Florian Fischer die Konzertversion eines bekannten Kinderbuchs. „Man sieht auch mit den Ohren gut – Eine kleine Reise in die Musik“ von Kerstin Unseld. Ein grosses Konzert im philhamonischen Rahmen für Kinder ab drei.
Die Eltern, fern jeder Ü-Klassifaktion, freuten sich wie die Kinder, als ihre noch auf die Bühne durften, symphonische Luft schnuppern. Mit Eröffnung des Konzerthauses werden wir sie dann schon als Jugendliche begrüßen dürfen. Ein toller Tag auf einem sehr gelungenen Juli-Festival 2017. Wir freuen uns aufs nächste Jahr!