Die Atacama Wüste
Die letzte Etappe unserer Tour führt uns durch Chile, wie wir feststellen sollten, ein Staat mit vielen Facetten und schier nicht enden wollenden Straßen. Der erste Stopp in unserer neuen Heimat, für die nächsten Wochen, war San Pedro de Atacama. Ein Städtchen im Norden des Landes, mitten im nirgendwo zwischen Küste und bolivianischer Grenze. Noch geplättet von den Erlebnissen und Strapazen der letzten Tage begaben wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Die staubigen Straßen, die von oben herab brennende Sonne und die Architektur erinnerten uns eher an einen Wild-West Film. Die Suche gestaltete sich relativ einfach, da dieser Ort auf Tourismus ausgelegt ist. So begannen wir, nachdem wir eine Unterkunft bezogen hatten, eine Erkundungstour durch den überschaubaren Ort. Blickt man von San Pedro Richtung Osten, spielen einem die Augen einen Streich, es ist grandios und eindrucksvoll wie sich das Bild der Furchen durchzogene Landschaft links und rechts des Vulkans Licancabur wie auf einer Leinwand abzeichnet.
Die nächsten Tage nutzten wir ausschließlich zum Entspannen und nichts tun. Doch eine Unannehmlichkeit in unserer Unterkunft forderte uns auf weiterzuziehen. Bettwanzen!! Kleine, braune, platte, fast nicht auszumachende Biester die nachts durch das Zimmer krabbeln und nichts besseres zu tun hatten, als mich zu beißen. Seltsamerweise blieb meine Freundin verschont, aber mich richteten sie im Gesicht zu wie einen Boxer nach verlorenem Kampf. Schleunigst ergriffen wir die Flucht, handelten noch einen ordentlichen Nachlass für unser Zimmer aus, kauften eine Salbe für meine Stiche und machten uns mit dem Bus auf weiter Richtung Süden.
Valparaiso
Nach zwei Zwischenstopps in Bahia Inglesia für einen windigen Strandtag und in La Serena um im nahegelegene Elqui Valley zum Sternebeobachten, ging es nach Valparaiso.
Valparaiso, eine Hafenstadt entlang der Pazifikküste an der sich mehrere Straßen an kleinen aber steilen Bergen hinauf winden und jeder Berg den Namen der Straße (oder anders herum) trägt. Gleichzeitig sind die Straßennamen die Stadtviertel. Das schönste ist Cerro Alegre, dort hatten wir auch unser Hostel. Eine Stadterkundung des Viertels gleicht, durch die vielen Treppen und steilen Straßen, einer Bergwanderung aber es lohnt sich. Die Wege sind gesäumt von blechverkleideten Häuser die unzählige Graffitis beherbergen. Durch die Meeresbrise und den umher fliegenden kreischenden Möwen, liegt der Charme einer Seemannsstadt in der Luft. Viele kleine Bars mit Jazz- und Bluesbands, kleine aber feine Fischrestaurants und die verrücktesten Straßenkünstler runden die Atmosphäre ab. Hier kann man es aushalten.
Da wir aber noch mehr von Chile sehen wollten, entschlossen wir uns nach ein paar Tagen das Land von Süden her aufzurollen und buchten einen Flug nach Patagonien. Da der günstigste Flug bereits um 5:00 Uhr früh ging, verbrachten wir die Nacht am Flughafen, um uns die Unterkunft zu sparen.
Patagonien
Endlich nach acht Stunden mehr oder weniger Schlaf und drei Stunden Flug landeten wir am bisher südlichsten Zipfel unserer Reise, Patagonien.
Der Flughafen war in der an der Magellanstraße liegenden Stadt Punta Arenas, die angeblich rund 120.000 Einwohner haben sollte. Keine Ahnung wo die Zahl herkommt. Dieser Ort war wie ausgestorben. Ja gut, es war Sonntag früh zehn Uhr, aber hier war NIEMAND. Somit buchten wir noch für denselben Tag einen Bus und fuhren weiter nach Puerto Natales, dies war unser Ausgangspunkt in den Park Torres del Paine.
Da wir darauf hingewiesen wurden, dass es Hauptreisezeit in dieser Region sein soll, buchten wir uns im Vorfeld ein Hostel. Doch als wir vor unserer Unterkunft, standen waren wir zuerst etwas verdutzt über das Aussehen. Das soll es sein? Wirklich?! Es sah von Außen aus wie eine Bruchbude, die Vorhänge rundherum zugezogen, von der Bretterfassade bröckelte die gelbe Farbe ab, alles sah etwas krumm und schief aus, naja. Doch von Innen bekam das ganze etwas mehr Ausstrahlung, sehr nette und hilfsbereite Eigentümer, sympathische Gäste, warme Räume und saubere schöne Betten. Alles im allen ein schönes Ambiente.
Nach ein paar Infos von unseren Gastgebern und ein paar Gesprächen mit den anderen Gästen, heckten wir uns einen Plan aus wie wir die Gegend erkunden können. Wir suchten uns eine Agentur und wollten eine Tour in den Nationalpark buchen. Doch lustigerweise riet uns die Dame hinter den Tresen dazu ab. Wieso? Keine Ahnung. Sie erklärte uns, wir würden günstiger unterwegs sein, wenn wir uns ein Auto mieten und es auf eigene Faust versuchen und außerdem hätten sie in den nächsten Tagen sowieso keine Plätze frei.
Gesagt – getan. Wir suchten uns einen weiteren Mitstreiter (Sebastian) und klapperten alle Autovermieter in der Stadt ab, bis wir am Ende tatsächlich einen neuwertigen aber günstigen Mietwagen für 24 Stunden bekamen. Die Dame hatte Recht, es war tatsächlich kein teures Unterfangen. Nach einer kleinen Spritztour und Besorgen des Proviants waren wir für den nächsten Tag gerüstet.
Am nächsten Tag hieß es früh aufstehen, um 5:30 Uhr Frühstück, 6:00 Uhr Abfahrt. Schon bei der Fahrt zu unserm Ziel, ließ die Landschaft erahnen, was uns erwartet. Von Gletscher geformte Berge und satte grüne Wiesen säumten die Straße. Angekommen im Park, hatten wir dann als erstes die Chance unser Karma aufzupolieren. An einem Parkplatz neben der Straße sahen wir ein Pärchen winkend neben Ihrem Auto stehen. Was war passiert? Anscheinend war die Batterie leer, Fremdstarten, keine Kabel dabei. Was tun, wir versuchten es mit einem Abschleppseil. Das Auto machte keinen mucks. Alles was wir tun konnten war, dass wir sie zum nächsten Hotel schleppten und ihnen viel Glück fürs Weiterkommen wünschten.
Weiter ging unsere Erkundungstour durch den Park. Über Schotterstraßen jagend, endeckten wir immer wieder neue Blickwinkel auf das in Patagonien wohl bekannteste Bergmassiv. Eine wirklich wunderbare Landschaft und im Hintergrund immer die drei zerklüfteten nadelartigen Granittürme die in den Himmel ragen. Türkisfarbene Seen und Flussläufe, die von reißenden Fluten und Wasserfällen geformt wurden. Begleitet vom pfeifenden heftigen Wind, der bei uns Sturm genannt werden würde. Den Abschluss der Tagestour fanden wir in einer kurzen Wanderung am Lago Grey, wo sich eine Gletscherzunge in mitten blühender Vegetation in einem vom Wind gebürsteten See schlängelt und dort Tag für Tag seine riesigen Eisberge auf die Reise schickt, die dann gegenüber an Land gespült werden. Zauberhaft.
Wir waren noch etliche Tage wandernd und busfahrend in Patagonien unterwegs. Total die Zeit vergessend stellten wir fest, dass wir nach Santiago de Chile mussten. Zu diesem Zeitpunkt waren wir in Coyhaique und hatten für die nächsten 1.700 km fünf Tage Zeit. Die einzige Straße nach Norden war erst kürzlich durch einen Erdrutsch verschüttet worden und ein kurzfristiger Flug war zu teuer. Somit mussten wir auf eine 32-stündige Fährenfahrt ausweichen, die auf der „Isla grande de Chiloe“ endete. Um 4:00 Uhr morgens ankommend, warteten wir bis 6:30 auf einen Bus nach Puerto Montt um von dort einen Bus nach Santiago zu erwischen.
Santiago de Chile der letzte Stopp
Die letzten Tage unserer Reise ließen wir in Santiago ausklingen. Dazu buchten wir bereits weit im Vorfeld eine Wohnung im Stadtviertel Providencia. Santiago ist eine schöne westlich geprägte Stadt mit vielen verschiedenen Ecken. Zum einen ist da der Hausberg „Cerro San Cristobal“, der schön für Erkundungen zu Fuß ist oder für die etwas Fußfauleren auch mit der Seilbahn befahren werden kann. Wir teilten uns die Strecke auf: In einer zweistündigen Busfahrt lassen sich im Nu ein paar sehr ansprechende Weingüter erreichen an denen sich ein halber Tag bei vorzüglichen Weinproben verbringen lässt. Abends ist im Stadtteil Bellavista ein ausgeprägtes und umfangreiches Nachtleben geboten, in dem man bis in die Morgenstunden feiern kann. Das alles bei einer Durchschnittstagestemperatur von 35°C im chilenischen Sommer.
Alles zusammen war Santiago genau der richtige Abschluss für unsere dreimonatige Reise durch Südamerika, hier konnten wir unsere Erlebnisse und Eindrücke nochmals Revue passieren lassen und noch etwas Sonne tanken.
So, es geht wieder heim. Sind wir schlauer als zuvor? Sicher nicht. Zufriedener? Lässt sich so nicht beschreiben. Es ist eher die Zeit, die wir hatten, die einem im Trott des Alltags nicht bleibt. An Sachen zu denken und sie verarbeiten die für unwichtig gehalten werden. Meine Freundin und mich hat es auf jeden Fall noch enger zusammengeschweißt und wir kennen uns besser als zuvor. Es hat uns gezeigt, wie gut es wir in unserer Heimat haben dürfen und das es keinen Grund zur Unzufriedenheit gibt.
Was wir feststellen durften, ist, dass es mit mehr Gelassenheit, Freundlichkeit und weniger Stress genauso gut funktioniert. Wer es nicht glaubt, sollte sich auf die Reise durch Südamerika begeben.
Danke fürs Lesen!
Christina & Nikolaus
>> Wer schreibt hier? Hallo! Wir sind Christina und Nikolaus, beide geboren und aufgewachsen im Bayerischen Wald. Mit beiden Beinen im Leben und seit vier Jahren in München. Ich, Nikolaus, arbeite seit fast drei Jahren für/bei der OTEC als Projektsteuerer in der Bauabteilung und durfte in dieser Zeit das Werksviertel mitgestalten. Aber in den nächsten drei Monaten nehme ich meine Freundin und euch mit auf eine Reise. Eine Reise nach Südamerika entlang der Panamericana.
>> Was bisher geschah: https://www.werksviertel-mitte.de/2017/12/20/siedler-reisen-um-die-welt-bolivien/