In der Reihe homegrOWN #02 zeigt die whiteBOX im Gästeatelier im dritten Stock des WERK3 noch bis zum 22. Juli 2018 die Ausstellung „moved by – Pietà. Studien zur Trauer“.
Zur Eröffnung am Freitag, 6. Juli, bewegten sich in der aufgeladenen Langsamkeit des Ausdruckstanzes Butoh zwischen den Fotos und Objekten zwei Frauenkörper, die eine ganz in schwarz, die andere ganz in weiß. Beide, die Filmerin und Fotografin Stephanie Movall und Stephanie Tietz, Tanzperformerin, hatten nach langer Auseinandersetzung mit Bildern des mittelalterlichen Andachtsmotivs Pietà ihren eigenen Beitrag zu dem christlichen (katholischen) Trauermotiv entwickelt. Von beiden stammen die zarten und stillen Fotos des menschlichen Körpers, seiner beanspruchten und erlösten Partien.
Im Raum zwei Objekte von Kristin Brunner, Künstlerin der Ateliergemeinschaft. Die Reihe homegrOWN #02 war letztes Jahr aus Anlass des Todes der whiteBOX-Künstlerin Silke Witzsch aufgelegt worden. Wir kennen nur das Sterben, nicht den Tod, so ähnlich hat sich einmal Ernst Bloch geäußert. Mit Befremden betrachten wir den Körper, den sämtliche Kontraktionen der Muskulatur verlassen haben. Diesen Punkt ohne Wiederkehr, hinter dem der Tod sich unkenntlich verbirgt.
Es hat in der Kulturgeschichte der Menschheit lange gedauert, die Unberührbarkeit des Toten zu überwinden. Von Zärtlichkeit, Waschung, Salbung und Verhüllung künden die christlichen Trauerarbeiten. Die Performance der beiden Künstlerinnen zu den elektronischen Klängen der Musikgruppe 48nord stellte eine spannungsvolle Annäherung dar, zwischen der mit Kamera beobachtenden Stephanie Movall und der Tänzerin Stephanie Tietz, die in einem langen Prozess im Reich zwischen Leben und Tod, die Kontraktionen ihres Körpers Moment für Moment abgibt, fragend, sich fügend, am Ende zärtlich.
Beide, am Boden liegend bewegen im Aushauchen ihr Hände aufeinander zu. Die kleinsten Entladungen der Muskulatur bis in Füße, die Zehen, das ist fantastisch getanzt. Eine heilsame Atmospäre der Unschuld. Ganz im Leben dagegen scheinen die Arbeiten von Kristin Brunner zu dem Thema zu stehen. In den Regalen eines Schranks, sind fetischartige Stoffpuppen, Blumengestecke und sinister bunt bemalte Totenköpfe. Sie wirken wie die lithurgischen Utensilien eines Candomblé-Priesters oder Santero der synkretistischen Santeria. Das erinnert an das Reich der karibischen und brasilianischen Barone und Ogune, die selbst ja so etwas wie eine kultische Transitzone zwischen Leben und Tod bevölkern.
Das verwundert auch nicht, denn Kristin Brunner, in Mexico City geboren, studierte in München unter anderem Ethnologie. Wunderschön und rein ornamental „Huipil Chichihuaucuauco“, ein Gewand mit Stickereien in einem Metalspind, der vor den Fenstern des Gastateliers wie ein Tor zur Meditation wirkt, die Welt wenigstens für eine Weile zu verlassen.
Am Donnerstg, 12. Juli, 19 Uhr Texte von Sela Miller, Gesangsbegleitung Barbara Bittner.
Die Ausstellung ist von Mittwoch bis Sonntag, 16:00 bis 20:00 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Weitere Infos unter www.whitebox.art
Hier einige Impressionen der Ausstellungseröffnung: